Projekt Elterntaxi: Viel Rad, wenig Bus und zu viel Auto
Wo sind Schulwege mangelhaft? Und wo besteht sogar akute Gefahr für Kinder? Um Fragen wie diese geht es im Projekt „Elterntaxis“, offiziell: „Mobilitätsmanagement an Schulen und Kitas“. Jetzt liegen die Ergebnisse aus der Detailbefragung von 16 Grundschulen, 5 weiterführende Schulen und 12 Kitas vor. Sie geben Aufschluss, warum so viele Eltern ihre Kinder mit dem Auto bringen und abholen.
Details zu Mobilität auf dem Weg zu Schulen und Kitas
Die selbstständige und sichere Mobilität von Kindern und Jugendlichen zu fördern – das ist das Ziel des gemeinsamen Projekts im Raum des Nachbarschaftsforums Südholstein/Hamburg unter der Leitung des Kreises Pinneberg. Im Fokus stehen dabei die Wege von und zu Kitas und Schulen.
„Dass der Weg zur Schule zu Fuß oder mit dem Rad gesünder und klimafreundlicher ist, wissen die Menschen“, sagt Elfi Heesch, Landrätin im Kreis Pinneberg. „Wenn wir weniger Elterntaxis wollen, müssen wir genau zuhören, was an Gründen genannt wird. Erst dann können wir an Lösungen arbeiten und überzeugen.“
Dass das Elterntaxi mit Abstand das drängendste Problem vor Schulen und Kitas ist, war ein Ergebnis aus der ersten Projektphase, in der die Leitungen von 150 Kitas, Grund- und weiterführenden Schulen aus den Bezirken Altona und Eimsbüttel sowie den Kommunen Halstenbek, Rellingen, Pinneberg, Quickborn, Hasloh, Bönningstedt, Ellerbek, Schenefeld und Wedel befragt wurden.
Jetzt liegen die Ergebnisse aus der Detailbefragung von 33 Einrichtungen vor. Rund 12.000 Schülerinnen und Schüler und Kitakinder beziehungsweise deren Eltern waren eingeladen, sich zu beteiligen. Ihren Einschätzungen zum Mobilitätsverhalten sowie zu den Problemen und Risiken auf dem Weg zu den Einrichtungen liegen jetzt auf dem Tisch. Die wichtigste Erkenntnis: Mangelnde Sichtverhältnisse, fehlende Querungshilfen wie Ampeln oder Zebrastreifen sowie mangelnde Rücksicht von Autofahrenden sind die Hauptprobleme auf den Wegen zu Kitas und Schulen. Nicht-Einhaltung von Regeln zum Beispiel beim Parken, zu hohe Geschwindigkeiten und viel Verkehr kommen direkt dahinter.
Insgesamt berichten die befragten Kita-Eltern über 1.160 Mängel auf Wegen zur Kita. Eltern an Grundschulen meldeten 1.230 Problemstellen auf Schulwegen. An den weiterführenden Schulen nannten die befragten Jugendlichen 330 Problemstellen. In der Summe wurden von den befragten Eltern, Schülerinnen und Schülern rund 4.000 Problemstellen gemeldet und ausgewertet.
Zur Kita kommt bei gutem Wetter jedes dritte Kind (34,5 Prozent) regelmäßig mit dem Rad, an Grundschulen liegt dieser Anteil bei 31,3 Prozent. An den weiterführenden Schulen sind es sogar 70 Prozent. Damit fahren die Befragten in der Metropolregion Hamburg deutlich häufiger mit dem Rad zur Bildungseinrichtung als im Bundesdurchschnitt. Dieser liegt bei 14 Prozent.
Zu Fuß in die Kita gehen 30,8 Prozent der Kinder. 46,6 Prozent kommen zu Fuß in die Grundschule. Bei den weiterführenden Schulen liegt der Anteil bei 14,1 Prozent. Auch mit dem Tretroller zu fahren, ist mit einem Anteil von 9,3 Prozent an Kitas und 11,2 Prozent an Grundschulen beliebt.
Dennoch werden zu viele Kinder und Jugendliche mit dem Auto zu den Einrichtungen gebracht und verursachen dort als "Elterntaxis" oftmals Probleme und gefährliche Situationen. Bei Kitakindern liegt der Anteil bei 37,4 Prozent, an Grundschulen sind es 21,6 Prozent und an den weiterführenden Schulen immerhin noch 17,9 Prozent. Bequemlichkeit und praktische Gründe begünstigen die Autonutzung: 42 Prozent geben an, dass die Schule auf dem Weg zur Arbeit der Eltern liegt, 50 Prozent wollen auf den Komfort des Autos nicht verzichten. Hauptgrund für das Bringen mit dem Auto ist aber das Wetter. Mit 52 Prozent liegt dieser Grund auf Platz eins.
Der ÖPNV spielt bei der Verkehrsmittelwahl zur Kita oder zur Grundschule in der befragten Region mit einem Anteil von deutlich unter 10 Prozent eher eine untergeordnete Rolle. Hier nannten die Befragten gelegentliche Probleme mit überfüllten Bussen, mangelnde Sauberkeit oder Pünktlichkeit.
Die Zahlen zeigen, dass sowohl die Bequemlichkeit also auch konkrete Problemstellungen auf den Kita- und Schulwegen vorliegen. An einigen Stellen könnten eine Überprüfung und Verbesserung notwendig sein.
Nach den Sommerferien werden jetzt auf Basis der Ergebnisse exemplarisch in zehn Einrichtungen passgenaue Maßnahmen für Problemstellen entwickelt und deren Umsetzung angestoßen. Alle Projektkommunen und Bezirke werden dabei vertreten sein.
Später erfolgt die Implementierung in weiteren Einrichtungen. Das heißt: Nach einer Überprüfung können die Maßnahmen von anderen Kommunen mit vergleichbaren Problemlagen übernommen werden. Zudem werden für typische Probleme Musterlösungen erarbeitet. Im Kern wird es dabei um Mobilitätsbildung, um Öffentlichkeitsarbeit, um straßenverkehrsrechtliche Anordnungen, die ÖPNV-Organisation sowie Planung und Änderung der Infrastruktur gehen. All dies wird zum Abschluss in einem Praxisleitfaden zusammengefasst, der die Umsetzung in der gesamten Metropolregion ermöglichen soll.
Erste Ergebnisse werden im Herbst erwartet und sollen auf einer Fachtagung am 10. Oktober 2023 in Pinneberg vorgestellt und diskutiert werden. Das gesamte Projekt dauert noch bis ins Jahr 2024 hinein.
Das Projekt ist eines von insgesamt vier Reallaboren und Teil des im Januar vorgestellten Leitprojekts „Mobilitätsmanagement“ der Metropolregion Hamburg. Es wird zum größten Teil aus Mitteln der Metropolregion finanziert. Mit dem Projekt sollen die Nutzung nachhaltiger Verkehrsmittel gefördert und die PKW-Nutzung verringert werden.
Weitere Informationen rund um das Projekt: Mobilitätsmanagement